Fünfzig Jahre Neujahrsempfang der Narrenzunft

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr kann die Narrenzunft Bad Säckingen nicht zum inzwischen traditionellen Neujahrsempfang und der Fasnachtseröffnung einladen. Wieder einmal ist die grassierende Covid 19 Pandemie Auslöser für die Absage.

Auf den 03.01.1971 hatte der damalige Obermaisenhardt Herbert Wassmer im Namen der Zunft Bürgermeister, Gemeinderat, sowie die Prominenz der Stadt in die Gaststätte „Cafe Busch“ neben dem Postgebäude an der Waldshuter Straße zum ersten Neujahrsempfang eingeladen. Die Maisenhartgruppe hatte die Tradition der Neujahrsempfänge begründet und damit eine“fühlbare Lücke“ im Veranstaltungskalender der Narrenzunft und der Stadt geschlossen. Neben den überbrachten Neujahrswünschen, wurden insbesondere kommunalpolitisch/närrische Gegen-Reden gehalten.

In den späteren Jahren lud dann die Zunft selbst zu den Neujahrsempfängen ein. Dabei werden von der Narrenzunft Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Bürgerschaft, sowie die benachbarten und befreundeten Narrenzünfte in den Gallusturm eingeladen. Der Zunftmeister überbringt zunächst die Neujahrswünsche an die Anwesenden.

Danach treten die Urmasken: der Ur-Maisenhardt-Joggele, der Römer und das Siechenmännle auf  und stellen sich mit ihren tradtionellen Texten vor. Im Anschluss daran wird vom Zeremonienmeister der Fasnachtsruf für die kommende Fasnacht verkündet.

Bis Anfang der 1990er Jahre wurde die Fasnacht in Bad Säckingen am jeweiligen 11.11. mit der Bürgermeisterabsetzung eröffnet. Seit der Angleichung des Zeitpunktes des Fasnachtsbeginns in Bad Säckingen an die anderen Narrenzünfte der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte e.V. (VSAN) findet immer am Sonntag nach dem 6. Januar beim Neujahrsempfang gleichzeitig auch der Fasnachtsauftakt wie folgt statt:

Bürgermeisterverhaftung und „Narrengericht“
Um 11:11 Uhr wird das Rathaus von den Maisenhardt-Joggele, dem Zunftmeister mit Zunftrat und der Ranzengarde „gestürmt“ und „eingenommen“. Dabei wird als erstes der Bürgermeister im Rathaus vom Narrenpolizisten abgesetzt und verhaftet. Versehen mit dem „Stadtschlüssel“ und dem gefüllten „Stadtsäckel“ übernimmt dann der Ober-Maisenhardt-Joggele für die Dauer der Fasnachtszeit den Posten des Bürgermeisters und die Schlüsselgewalt über das Rathaus und die Stadt.

Nach einer verdienten Stärkung im Rathaussaal wird anschließend der Bürgermeister mit einem Umzug durch die Altstadt, angeführt von der Ranzengarde, Zunftmeister, Zunfträten und Maisenhardt-Joggele, zum Narrengericht, zur „Gerichtsverhandlung“ in die Zunftstube im Gallusturm überführt. Dort haben sich ca. 100 Personen aus Politik, Wirtschaft und Bürgerschaft versammelt.
Der Vorsitzende des Narrengerichts ist der Zunftmeister. Bei Wasser und Brot wird dem angeklagten Bürgermeister vom Ankläger aus den Reihen des Zunftrats, die meist mehrseitige Anklageschrift mit seinen „Verfehlungen“ im abgelaufenen Jahr, vorgelesen und nachdrücklich vorgehalten.
Danach hat der Angeklagte selbstverständlich das Wort für seine Verteidigung. Es gab schon Jahre, da hatte er auch einen „Rechts“-Beistand, um die Milde des Gerichts erheischen zu können. Trotzdem, je nach Schwere der festgestellten „Straftaten“ und „Verfehlungen“ verkündet der Zunftmeister das entsprechende Urteil.

Die vom Narrengericht auferlegte Busse muss der Bürgermeister dann während der kommenden Fasnacht ableisten.
Auch an diesem Anlass wird von den Narren und nicht närrischen Anwesenden traditionell Mählsuppe und Zwiebelewaie verspeist.

Günter Rünzi
Hilfsarchivar


Bilder Neujahrsempfang 2020